Unsere allerbeste Kinderbibel von Sören Dalevi, mit Illustrationen von Marcus-Gunnar Pettersson, aus dem Schwedischen übersetzt von Hanna Schoot, Gütersloher Verlagshaus 2022, gebunden, 280 Seiten, 28 Euro

Scheinbar gibt es auf dem deutschsprachigen Markt noch immer nicht genug Kinderbibeln. Erfreulich, dass es immer noch so viele gibt, die eine Kinderbibel kaufen wollen und damit ihren Kindern, Patenkindern oder Enkeln einen Schatz ins Leben mitgeben wollen.

Der Titel wirkt beim ersten Lesen etwas angeberisch. Auf Schwedisch liest sich der Titel cooler und klingt nach BigBlueButton: Barnens Bästa Bibel, Kinders beste Bibel. Es gibt sogar eine Homepage mit pädagogischem Zusatzmaterial für alle, die Schwedisch können oder wissen, wie man Texte maschinell übersetzen lässt:  https://barnensbastabibel.se Besonders die Ideen für das Kirchenjahr unter Benutzung von Motiven aus der Bibel scheinen anregend (https://barnensbastabibel.se/inspiration/).

Nach über 20 Jahren ist es die erste schwedische Originalentwicklung einer Kinderbibel, die in engem Austausch zwischen dem promovierten Theologen und lutherischen Bischof Sören Dalevi und dem Illustrator entstanden ist (siehe https://www.spejaforlag.se/project/soren-dalevi/). Ziel der Illustrationen war es, Emotionen stärker anzusprechen als sonst üblich. 2007 hat Dalevi seine Dissertation über Kinderbibeln abgeschlossen und darf damit als religionspädagogischer Fachmann auf diesem Gebiet gelten  (Sören Dalevi: Gud som haver barnen kär? Barnsyn, gudsbild och Jesusbild i Barnens bibel och Bibeln i berättelser och bilder , Deutsch etwa: Gott wie die Kinder lieben? Die Sicht der Kinder, die Bilder von Gott und Jesus in der Kinderbibel und die Bibel in Geschichten und Bildern).

Erster Eindruck

Tatsächlich ist der erste Eindruck stark von den Bildern bestimmt. Diese sind ungewöhnlich ausdrucksstark, manche wirken aber auch comicartig überzeichnet. Nicht immer ist man sich sicher, ob die Illustrationen den Bibeltext ernst nehmen oder parodieren. Da Kinder noch kein Verständnis für Ironie und Karikatur haben, kann es durchaus sein, dass sie mit diesen Illustrationen in die Irre geführt werden. Zwar haben Kinderbibeln noch nie versucht, Gebäude und Personen archäologisch korrekt darzustellen, aber der Turmbau zu Babel (S. 62-65) erinnert doch sehr viel stärker an eine moderne Baustelle mit Bagger und Kran als an eine mesopotamische Zikkurat. Jesus hat ein wenig das Sandalenimage der Hippiezeit, bei Jakob (S. 76f) muss man unwillkürlich an Rübezahl denken. Kinder werden die Illustrationen vermutlich lieben, mancher Erwachsene wird schmunzeln und so sind die Illustrationen Stärke und Schwäche der Kinderbibel zugleich: inspirierend und zum Theologisieren einladend, aber auch verstörend und teilweise so übertrieben, dass ich mich schon den vielen Kinderfragen ausgesetzt sehe, die genau wissen wollen, ob es wirklich so war. Ehrlich gesagt würde ich nicht wollen, dass meine Kinder mit solchen Bildern im Kopf aufwachsen, die dann ein Leben lang die Vorstellung von biblischen Geschichten prägen. Vielleicht erklären sich die Bilder auch durch einen deutlich anderen Geschmack oder Sehgewohnheiten in Schweden.

Das gewollte Auslösen von Emotionen gelingt den Bildern tatsächlich. Wer sieht, wie Frösche auf S. 124 als eine der zehn Plagen im Bett herumspringen, wird Frösche wohl lebenslang lieben oder eine Froscho-Phobie entwickeln, an der sich Therapeuten dann für viel Geld lebenslang abarbeiten können. Die Angst des im Wasser versinkenden Petrus auf S. 208 nimmt man ihm durchaus ab, erstaunlicherweise sind positive Emotionen wie Freude und Begeisterung deutlich seltener und weniger authentisch dargestellt.

Die Texte

Im Vergleich zu den Bildern sind die Texte deutlich konventioneller und näher an der biblischen Vorlage. Immerhin hat der Autor sie laut eigener Aussage alle noch einmal aus dem Urtext übersetzt. Die Texte eignen sich gut zum Vorlesen oder selbst lesen für ältere Grundschulkinder. Immer wieder sind ungewöhnliche theologische Erkenntnisse festgehalten, so etwa – passend zur diesjährigen Jahreslosung – die Aussage neben der mit schwangerem Bauch darstellten Hager: “Und so wurde Hager der erste Mensch in der Bibel, der Gott einen Namen gab: ‘der Gott, der mich sieht'” (S. 73).

Ungewöhnlich und hermeneutisch reflektiert ist der Aufbau der Bibel. Es geht los mit der Geburt Jesu, die Einleitung des übernächsten Kapitels erklärt: “Die Geschichten, die du jetzt findest, sind also dieselben, die Jesus hörte, als er klein war.” Dann geht es eher klassisch weiter nach der Reihenfolge der biblischen Bücher.

Zwischendurch sind immer wieder bekannte und in Deutschland populäre Lieder mit Noten eingestreut wie der “Volltreffer” von Daniel Kallauch oder “Ja, Gott hat alle Kinder lieb” (ohne Strophen :-), siehe dazu einen meiner erfolgreichsten Blogbeiträge Ja Gott hat alle Kinder lieb – neue Strophen für ein altes Lied).

Am Ende gibt es eine Übersicht über die Bibelstellen der erzählten Geschichten, außerdem eine Übersicht über das Kirchenjahr.

Fazit

Ich würde die Bibel nicht für die Hände von Kindern empfehlen, dafür sind mir die Bilder zu schräg und prägen zu stark die Vorstellung in einer Art und Weise, die ich nicht wollen würde. Gut vorstellen kann ich mir aber einen selektiven religionspädagogischen Einsatz, etwas beim Vergleich verschiedener Kinderbibeln oder bei der Arbeit mit einzelnen Bildern.

Transparenzhinweis: Das Buch wurde mir auf Empfehlung des Verlags hin kostenlos zur Verfügung gestellt.

Videos

Als Ausgangsmaterial für seine Bilder nutzt Pettersson übrigens Kaffeeflecken, wie man in diesem Video sehen kann:

Gespräch von Autor und Illustrator über ihre Bibel, leider keine übersetzten Untertitel verfügbar:

 

Ausmalbilder

die zum Stil der Bibel passen, sind frei zugänglich:

Weitere Informationen

Rezension “Unsere allerbeste Kinderbibel”
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