Das hat mich gestern in den Nachrichten sehr bewegt – warum nimmt man so etwas eigentlich erst wahr, wenn jemand mit dem Leben dafür bezahlt: Tuğçe hat sich eingemischt, half zwei Mädchen, die auf der Frauen-Toilette von drei Männern bedrängt wurden, und wurde wenig später brutal zusammengeschlagen. René Böckle, Jugendreferent in Stuttgart-Weilimdorf, der auch als DJ FAITH auftritt (www.music-by-faith.de) und den ich schon lange kenne, hat heute morgen etwas dazu auf Facebook gepostet, was ich mit seinem Einverständnis hier veröffentlichen darf. Es hat mich – genauso wie die Nachricht selbst – sehr nachdenklich gemacht.

Wie lethargisch kann eine Gesellschaft eigentlich noch werden?
Da werden Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf offener Straße am helllichten Tag angegangen, bedroht, gemobbt, verprügelt und scheinbar alle schauen zu – bis auf ein paar wenige, die Courage zeigen, sich einmischen und dadurch viel zu oft selbst zum Opfer werden. Ich könnte hier nun Namen von Menschen nennen, die nicht weggeschaut haben, die sich eingemischt haben – eine dieser Personen wird heute 23 Jahre alt.
Am heutigen Tag werden die lebenserhaltenden Maschinen dieser Person abgeschaltet, weil sie zwei Mädchen geholfen hat und selbst Opfer wurden.
In Gedanken bin ich bei diesen Menschen und fordere, dass die Politik MEHR für den Opferschutz (als den Täterschutz) tut. Ich fordere eine Gesellschaft, die eben nicht nur vor Sensationsgeilheit stehen bleibt, sondern mit wachen Augen und helfenden Händen zueinander steht und sich einsetzt! Ich will keine einzelnen Helden, die ihr Leben aufs Spiel setzen, sondern eine Masse an Menschen, die miteinander deutlich Stellung gegen Gewalt und Missbrauch bezieht. Und das nicht nur im Großen, sondern auch im Alltäglichen auf dem Schulhof, der Straße, daheim! #‎WIR_SIND_NICHT_ALLEIN‬! ‪#‎iamjonny‬

René Böckle

Bei #iamjonny musste ich erst mal suchen, was das bedeutet: ein Verein, der sich für ein friedliches Miteinander und die Prävention von Jugendgewalt einsetzt, siehe http://www.iamjonny.de/ueber-uns/

Gestern wurde der Hirntod von Tuğçe festgestellt, heute, an ihrem 23. Geburtstag, dem 28.11.2014, gibt es eine große Mahnwache für sie. Wahrscheinlich wird es ihr Todestag sein.

Bei Gewalt darf es keine Toleranz geben, wir alle sind gefragt, einzuschreiten, auch wenn wir dabei etwas riskieren. Solche Situationen kennt jeder, ich auch. Man fühlt sich schwach und furchtbar schlecht, wenn man nicht eingreift oder froh ist, dass man gar nicht eingreifen muss, weil es jemand anderes tut. Gemeinsam sind wir stark, aber einer muss anfangen. Tuğçe ist jetzt eine von denen, die ihr Leben im Einsatz für das Gute gelassen haben. Möge sie nie vergessen werden. Möge ihr Beispiel für mehr Zivilcourage und weniger Gewalt in Deutschland sorgen!

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Ein verlöschendes Licht kann dennoch hell leuchten.

 

 

 

Videos

Bewegendes Video von der Mahnwache für Tuğçe.

 

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Tuğçe zeigt Zivilcourage – und bezahlt mit dem Leben
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