von Stefan Kammerer und Thomas Ebinger, verfasst für die ALPIKA Konfi-Arbeit 2021
THESEN
- Die selbstverständliche Verbindlichkeit der Konfi-Arbeit nimmt ab. Es muss deutlich mehr Aufwand für Werbung und Attraktivität investiert werden als bisher oder die Gruppen werden auffällig kleiner. Die Quote derer, die nicht getauft sind und trotzdem Konfi machen, nimmt stark ab.
- Die Unterschiede zwischen Gemeinden werden größer. Es wird künftig jugendorientierte “Gewinner”-Gemeinden geben, die womöglich überregional die Konfi-Arbeit verantworten, und stark verwaltete “Verlierer”-Gemeinden, die dem Rückbau tatenlos zuschauen. Dieser Prozess ist von Kirchenleitungen nicht zu steuern, sondern hängt von individuellen Gegebenheiten ab (engagierte MA, Pfarrpersonen, soziale Struktur). Gesteuerte regionale KA, die bewusst gestaltet wird und eine Steigerung von Qualität und Effizienz verspricht, ist zumindest im ländlichen Bereich eher selten.
- Das Wissen und die Beheimatung in kirchlichen Traditionen und Vollzügen ist in immer geringerem Maße vorhanden. Über den Zeitraum, den man als PfarrerIn mit 20 Dienstjahren überblicken kann, könnte man getrost “Traditionsabbruch” schreiben.
- Ergänzende digitale Angebote in der KA möglichst großen Zuschnitts sollten (weiter) entwickelt und gepflegt werden, z.B. eine Gaming-Community mit regelmäßigen Online- und gelegentlichen Offline-Treffen auf Landeskirchenebene oder sogar EKD-weit. (Alpika-Job!)
- Ergänzende, niederschwellige, kleinformatige, freiwillige Angebote sollten die KA begleiten (Kontaktaufnahme, Binnendifferenzierung innerhalb der Konfigruppe).
Positive Erfahrungen gibt es mit konsequenten Praktikums-Phasen in der Konfi-Zeit, in denen die Konfis in kirchlichen Gruppen und Kreisen mitarbeiten können, insbesondere aber auch in Kooperations-Projekten von Kirchengemeinde und Vereinen, KiTas, Pfelgeeinrichtungen, NABU etc. - Ergebnissoffene, multireligionsoffene KA wird immer wichtiger, z. B. für Kinder aus gemischt religiösen Familien.
- Gemeindeentwicklung aus der Konfi-Arbeit heraus ist möglich, erfordert aber viel Aufwand und die Vernachlässigung anderer Felder (>Gemeindeleitbild, >Priorisierung von Arbeitsfeldern in der Gemeinde, >Rahmenbedingungen). Eine “atmosphärische” Änderung der Gemeinde ist durch eine gute KA (und gute Arbeit im Kindergarten und im RU) durchaus machbar, da viele Familien und Generationen mittelbar und unmittelbar davon tangiert sind.
- Wie kommt Kirche als Institution in der KA vor? (Kirchensteuer, Kirchenwahl, Beteiligungs- oder Servicekirche)(Kirchliches Selbsterhaltungsinteresse ist legitim)(Stolz auf Zugehörigkeit zur Kirche wecken: Baden – der FC Bayern unter den Kirchen :-)).
- Konfi 3 / zweiphasige KA ist wichtiger denn je, aber mühsam einzuführen und am Leben zu erhalten.
Erfahrungen
Als Konfi-Referent wieder in der Gemeinde:
- Der Erfahrungsschatz bleibt (bei der Gottesdienstpflicht geht z. B. T.E. die neuen Wege, die er vorher propagiert hat)
- Die Realität des Pfarramts ist eine andere als die ideale Perspektive auf die Konfi-Arbeit (Schule, Kindergarten, Krankenpflegeverein, Pfarrhaus-Nebenkosten)
- In vielen Gemeinden entwickelt sich eine NICHT-MEHR-NEGATIV-Haltung zu Kirche, damit verbunden ist häufig völliges Unwissen über Abläufe und Vollzüge in Gottesdienst oder Konfi-Arbeit, aber gleichzeitig die Bereitschaft, insbesondere mit und für die eigenen Kinder sich zu engagieren.
- Der Team-Boom ist bisweilen ungebrochen, gesteigert durch die Corona-Situation, wenn Kirche als einzige Anbieterin analogen Kontakt zu den Jugendlichen gehalten hat (Leider sind die Konfi-Jahrgänge 2007/2008 sehr klein: Team-Überschuss).
- Viele Pastorinnen und Pastoren sind nicht gut pädagogisch gebildet (fortgebildet), verstärkt durch die personellen Engpässe wird die Frage drängender, welche Ehrenamtlichen die Konfi-Arbeit komplett übernehmen können.
Diskussion
Wie seht ihr die Entwicklung? Wo müsste es fachlich und wo in der Praxis vor Ort hingehen? Gerne unten in die Kommentare reinschreiben, was ihr denkt.
Konfi-Arbeit und zukunftsfähige Kirche – Perspektiven aus der Praxis von zwei ehemaligen Konfi-Referenten
Ich unterschreibe alle oben genannten Thesen und stelle fest, dass auf vielen Ebenen diese Basisarbeit- egal ob lokal oder regional – als Arbeit in und für die Gegenwart und damit auch für die Zukunft zu wenig im Blick ist, teilweise auch in so manchem “Zukunftsprozess” … Damit verbindet sich bisweilen eine verengte Sicht auf “Pfarramt”.Ich möchte – jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt – nicht hinnehmen, dass es “Verlierer” gibt und geben wird. In dem Zusammenhang stellt sich mir die drängende Frage nach der Finanzierung von “Arbeit an der Basis”. – Ich persönlich, bzw. die Gemeinde hier muss “Fundraising” betreiben, um eine einigermaßen auskömmliche Konfiarbeit zu betreiben, die – auch digital – gut aufgestellt ist.
Vielen Dank für diese Bestätigung unserer Wahrnehmung. Fundraising für eine gelingende Konfi-Arbeit sollte eigentlich nicht notwendig sein … In der Tat sollte gerade die Konfi-Arbeit bei Zukunftsprozessen nicht untergehen.
In meinem Dekanat sind Vakanzvertretungen ein großes Problem. Also: Als Pfarrer hat man mehrere Gemeinden. Da geht Konfirmandenunterricht nicht so leicht.
Ich probiere daher einen Online-Konfikurs, der dann hybriden Konfikurs möglich macht und es auffängt, wenn mal jemand fehlt, was sonst bei monatlichem Treffen schwer ist.
Ich denke, das könnte auch noch kommen.
Das Thema Regionalisierung haben wir auch ausführlich besprochen, also die Sinnhaftigkeit oder Notwendigkeit – manchmal durch Vakanzen erzwungen – für mehrere Gemeinden zusammen Konfi zu gestalten. Und bei den Verlierergemeinden und -regionen gehört die Besetzung der Pfarrstellen mit dazu. Ich fürchte, dass ich Vakanzen in bestimmte Regionen hineinfressen werden, weil keiner sich irgendwohin bewirbt, man gleich mehrer Nachbargemeinden mitversorgen muss. Online-Angebote können sicher hilfreich sein, da etwas aufzufangen, überhandnehmen sollten sie allerdings vom Umfang her nicht.