Diesen Artikel habe ich für “das baugerüst 3/18” geschrieben (siehe http://baugeruest.ejb.de/index.php?id=1426 ).  Dort kann man weitere interessante Artikel online lesen.

Konfi 3 – lasset die Kinder zu mir kommen und nehmt ihre Eltern ernst

Mitte der 70er Jahre verlegte der Hoyaer Pfarrer Hans-Wilhelm Hastedt das erste von zwei Jahren des Konfirmandenunterrichts auf das vierte Schuljahr. Als Hoyaer Modell, später auch KU 3 oder KU 4, moderner dann Konfi 3 fand die Idee viele Nachahmer. Eltern, früher meist Mütter, heute zunehmend auch Väter, werden in der Regel dazu motiviert, in Gemeinderäumen oder zu Hause kleinere Gruppen zusammen mit ihrem Kind zu unterrichten.

Inhaltlich sind die Schwerpunkte neben biblischen Geschichten in der Regel Kirche, Kirchengemeinde und Kirchenjahr sowie die beiden Sakramente Taufe und Abendmahl. Besonders die Einführung des Abendmahls für Kinder und die Frage, wie diese altersgerecht vorbereitet werden können, hat Konfi 3 größeren Auftrieb verpasst. Natürlich ist Konfi 3 keine neue Erfindung. Schließlich ist die katholische Kirche schon seit langem mit ihrer Erstkommunionkatechese im dritten Grundschuljahr präsent und bezieht auf ganz ähnliche Art und Weise Eltern mit ein. Besonders dieser Aspekt, mit den Eltern auch eine in vielen Gemeinden unterrepräsentierte Zielgruppe erreichen zu können, macht Konfi 3 attraktiv. Aber auch Gemeinden, die Schwierigkeiten mit klassischen Formen der Kinderarbeit wie Kinderkirche und Jungschar haben, führen gezielt Konfi 3 ein.

In der Landeskirche Hannovers arbeitet etwa jede 5. Gemeinde nach diesem Modell, in Württemberg nehmen etwa 20% der evangelischen Kinder teil, in Baden macht jede 5. Gemeinde mit. In Bayern ist das Modell in den Rahmenrichtlinien für die Arbeit mit Konfirmanden und Konfirmandinnen aus dem Jahr 1998 als „Zwei-Phasen-Modell“ enthalten.

Viele Gemeinden führen Konfi 3 mit großem Engagement von Ehrenamtlichen und großer Begeisterung von Seiten der Eltern durch. Allerdings ist auch zu beobachten, dass durch die zunehmende Berufstätigkeit beider Elternteile und die Arbeitsverdichtung im Gemeindepfarramt Motivation und Teilnahmequoten bei Konfi 3 einbrechen.

Konfi 3 und Kinder-/Jugendarbeit

Während inzwischen auf allen Ebenen erkannt wurde, dass Konfi- und Jugendarbeit vernetzt arbeiten sollten und in ihrer Eigenart vom Partner profitieren können – schließlich geht es um die gleichen Jugendlichen und das gleiche Anliegen –, steckt die Verknüpfung von Konfi 3 und Kinderarbeit noch in den Kinderschuhen. Dabei liegt sie mindestens genauso auf der Hand: Kinder, die bei Konfi 3 zum ersten Mal ein Angebot der Kirchengemeinde wahrnehmen, können die Jungschar und den Kindergottesdienst kennen lernen. Ein Kinderchor kann neue Sänger gewinnen und Kinderbibeltage einen ungewohnten Run erleben. Eine besondere Chance sind Familienfreizeiten, bei denen Konfi 3-Familien gezielt eingeladen werden.

Woran liegt es, dass hier oft keine bessere Kooperation vorhanden ist? Manchmal fürchten Gruppen um die Teilnahme von Kindern, manchmal wechseln Mitarbeitende in Richtung Konfi 3. Es könnte aber auch sein, dass Konfirmandenarbeit immer noch stark als Aufgabe der Pfarrpersonen und der verfassten Kirchengemeinde gesehen wird, was den eher partizipativen und manchmal wie in Württemberg auch stark verbandlich geprägten Strukturen von Jugendarbeit zuwider läuft. Ich glaube, dass hier ein noch völlig unbeackertes Feld vor uns liegt, das reiche Früchte tragen könnte, wenn man erst einmal die ersten Dornen und Disteln gejätet hat. Es gibt einige Gemeinden, in denen der oder die Jugendreferent/in – oft bei spendenfinanzierten Stellen mit stärkerem Gemeindebezug – verantwortlich ist für die Durchführung von Konfi 3.

Die Stärke der Marke „Konfi“ und die Frage der Verbindlichkeit

Bei der Neueinführung von Konfi 3 ist zu beobachten, dass die große Stabilität der Konfirmation sich auch auf Konfi 3 auswirkt. Wenn eine Gemeinde gut kommuniziert, dass die Vorbereitung auf die Konfirmation in zwei Phasen passiert, kann sie hohe Teilnahmequoten erreichen. Nicht in allen Landeskirchen ist die Teilnahme an Konfi 3 Pflicht, wenn dieses Modell in einer Gemeinde existiert. Allerdings schaffen es beachtlich viele Gemeinden, Quoten von deutlich über 50% zu erreichen, freilich gibt es auch – meist gemeindeübergreifende – Modelle mit deutlich geringerer Beteiligung.

Für Eltern stellt sich in jedem Fall die Frage: Muss mein Kind da mitmachen? Denn Kinder haben in ihrer Freizeit durchaus viele Möglichkeiten und Termine. Jedoch haben die Eltern immerhin bei der Taufe versprochen, ihr Kind christlich zu erziehen. Außerdem ist es heute wichtiger denn je, aktiv auf Eltern und Kinder zuzugehen, sie einzuladen und etwas von ihnen zu erwarten, denn viele finden von sich aus den Weg nicht, obwohl eine latente Grundbereitschaft zum Kontakt mit Kirche da ist.

Für Kinder, die noch nicht getauft sind, ist das Konfi 3-Alter eine ideale Gelegenheit, über mehr Verbindlichkeit in Sachen Glaube und Kirche nachzudenken. Oft ist der Taufaufschub weniger eine Sache der Überzeugung als des fehlenden Anlasses. Ohne Druck auszuüben kann hier ein passender und altersgerechter Rahmen angeboten werden bis hin zu gemeinsamen Tauffeiern im Gemeindehaus, die die Familien von der eigenen Planung und Durchführung eines Festes entbinden. Kinder in diesem Alter können und wollen mitreden, was ihren Glauben angeht, und oft geht der Wunsch getauft zu werden auch tatsächlich von ihnen aus und die Eltern stimmen – wie so vielem, was die Kinder wollen – nur noch zu.

Heikel ist oft die Frage, ob und wie man Konfi 3 nachholen muss, wenn man nicht daran teilnehmen wollte oder es nicht konnte, etwa weil man zwischenzeitlich umgezogen ist und es in der früheren Gemeinde kein Konfi 3 gab. Manche Gemeinden haben hier Nachholmöglichkeiten entwickelt, etwa ein verlängertes Gemeindepraktikum. Ziel muss sein, dass das Nachholen nicht wie ein Nachsitzen aussieht, sondern dazu führt, dass Jugendliche im Konfi 8-Alter ohne Konfi 3-Erfahrung die Gemeinde anschließend genauso gut kennen und mit ihr vertraut sind wie die anderen.

Warum jede Gemeinde Konfi 3 einführen sollte

Die 5. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der EKD hat ein spürbares Zurückgehen der christlich-religiösen Sozialisation festgestellt. Gleichzeitig zeigen alle empirischen Untersuchungen, wie stark der Matthäuseffekt ist: Kinder aus christlich geprägten Elternhäusern sind eher religiös geprägt als andere. Was Eltern glauben und wie sie Kirche und Glaubenspraxis sehen, wie sie sich konkret in einer Kirchengemeinde engagieren, hat eine viel größere Wirkung als alles andere. Deshalb lohnt es sich – stärker als das Kinder- und Jugendarbeit üblicherweise tut – Eltern gezielt einzubeziehen.

Für viele ist der Konfirmandenunterricht die erste Begegnung mit Pfarrer/in und Kirche vor Ort. Man weiß jedoch aus der Bildungsforschung, dass die Bildungsrendite umso höher ist, je früher man ansetzt. Konfi 3 schiebt diesen Erstkontakt deutlich nach vorn und sorgt dadurch für größere Nachhaltigkeit.

Konfi 3 ist ähnlich wie Konfi 8 der breiteste Rechen, den wir als Kirche im Schuppen stehen haben. Es erreicht richtig eingesetzt wenigstens ein halbes oder dreiviertel Jahr lang deutlich mehr Kinder eines Jahrgangs als jedes andere Format kirchlicher Kinderarbeit. Deshalb gibt es viele Gemeinden, die Konfi 3 durchführen, obwohl es auch sonst blühende Kinderarbeit gibt. Konfi 3 ist in diesen Gemeinden quasi eine Werbe- und Milieuverbreiterungsmaßnahme neben dem Gewinn, den jedes Kind und jede Familie für sich persönlich hat. Damit solche Effekte greifen, muss Konfi 3 dringend in der Gemeinde vernetzt sein. Sonst besteht die Gefahr wie bei allen Projekten, dass sich alles schnell wieder verläuft. Weitere Mitarbeitende, auch Jugendliche, sollten deshalb einbezogen werden. Ein Gemeindepraktikum kann Interesse wecken für Jungschar, Kinderkirche, Kinderbibelwochen und mehr. Besondere Aktionen können gruppenübergreifend durchgeführt werden, etwa eine Familienfreizeit, ein Ausflug, eine Fackelwanderung oder ein Gemeindefest.

Das Thema Gottesdienst wird von der Jugendarbeit oft unterschätzt, ist aber ein zentrales Erkennungsmerkmal von Kirche. Die frühe Hinführung zum Gottesdienst, die veränderte Familien-Gottesdienstkultur durch Konfi 3 trägt viel zu einer Verjüngung und Verlebendigung von Gottesdiensten bei.

All diesen Vorteilen steht eigentlich nur eines entgegen: die Knappheit der Ressourcen bei Haupt- und Ehrenamtlichen. Konfi 3 ist eine Investition in die Zukunft, die durchaus Zeit und Kraft kostet. Aber es ist eine Investition, auf die wir angesichts der aktuellen Entwicklung der Kinder- und Jugendarbeit nicht verzichten sollten.

Zur Vertiefung

  • Cramer, Colin u.a.: Reform von Konfirmandenarbeit – wissenschaftlich begleitet. Eine Studie in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, KAEG 2, Gütersloh 2009.
  • Forschungsgruppe „Religion und Gesellschaft“: Werte – Religion – Glaubenskommunikation. Eine Evaluation zur Erstkommunionkatechese, Wiesbaden 2015.
  • Andreas Hämer, Wegbegleiter Konfirmandenunterricht: Mitmachen – Einleben – Aufbrechen, Düsseldorf 2006.
  • Hinderer, Martin, Konfirmandenunterricht in zwei Phasen – KU3/8 (bzw. 4/8) – ein Zukunftsmodell, ZPT 4/2006.
  • Hinderer, Martin u.a., Zweiphasige Konfirmandenarbeit (KU-3/8 bzw. KU-4/8), in: Böhme-Lischewski, Thomas u.a. (Hg.): Konfirmandenarbeit gestalten. Perspektiven und Impulse aus der bundesweiten Studie zur Konfirmandenarbeit in Deutschland, Gütersloh 2010.
  • Meyer-Blanck, Michael (Hg.), Zwischenbilanz Hoyaer Modell. Erfahrungen – Impulse – Perspektiven, Hannover 1993.

Materialien und Ideen

  • Jasch, Susanne / Schnürle, Kristina, Konfi 3, Calwer Verlag Stuttgart 2012 (Begleitheft für die Kinder und Werkbuch für Gruppenleitende)
  • Konfi 3 – Kinder erleben Kirche, Dokumentarfilm von Silke Stürmer, Deutschland 2009, 22 Min.
  • Homepage mit Materialien aus Baden und Württemberg: www.konfi3.de

Welche Erfahrungen macht ihr mit Konfi 3, warum wurde es bisher nicht ausprobiert? Freue mich über Kommentare zu diesem Beitrag.

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Konfi 3 und Jugendarbeit
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2 Kommentare zu „Konfi 3 und Jugendarbeit

  • 25. September 2018 um 9:52 Uhr
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    Das kann ich alles genaus so sehen und unterschreiben, in verschiedenen Gemeinden habe ich/haben wir Konfi 3 durchgeführt oder neu eingerichtet mit ansehnlichen Ergebnissen.
    Ich frage an dieser Stelle lediglich nach dem Bild von (Orts)Gemeinde/Kirche, das m.E. subcutan durchscheint. Und ich frage, wie sich solche Bilder von Ortsgemeinde mit anderen Bildern und Aufbrüchen von Gemeinde/Kirche wie Fresh X etc…zusammendenken, bzw. vermitteln lassen. Zurzeit erlebe ich, dass die Pfarrperson(en) auch diese Spannungen aushält/aushalten und vermittelt/vermitteln (mjuss/müssen).

    Antworten
    • 25. September 2018 um 13:33 Uhr
      Permalink

      Vielen Dank für die Rückmeldung! Ja, tatsächlich geht es um die Frage, wie Gemeinden sich den veränderten Zeiten stellen sollen. Sicher gibt es da viele Möglichkeiten und die Experimente, die unter dem Titel Fresh X laufen finde ich ebenfalls sehr spannend. Allerdings ist Konfi 3 als Modell schon viel weiter entwickelt und bewährter als die neuen Ideen, die oft auf ganz spezielle Kontexte angewiesen sind. In der Tat schwebt mir ein Bild von Gemeinde vor, das auf Beteiligung und Engagement setzt, eine Gemeinde, in der nicht alles die Hauptamtlichen machen … Aber ich weiß nicht, ob ich Sie da ganz richtig verstanden habe.

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