Heute öffnet sich die zehnte Tür im Fediventskalender, dem Adventskalender des Fediverse. Ich darf euch ein Video vorstellen, das ich zusammen mit etwa 14 Grundschüler:innen in der Reli digital AG gedreht habe. Uns hat es großen Spaß gemacht, die Geschichte aus der Bibel nachzubauen, einen zusammen Sprechtext zu entwickeln und schließlich alles nachzuspielen. Dies ist gleichzeitig auch Tür Nr. 10 im Minetest Adventskalender.
Wir zeigen die Begegnung der Senioren Simeon und Hanna mit dem neugeborenen Jesuskind:
Anleitung
Wie wir das angegangen sind, könnt ihr hier im Blog Reli digital sehen:
- https://blogs.rpi-virtuell.de/relidigital/2022/11/15/wir-drehen-einen-minetest-film-ueber-jesus-im-tempel-mit-simeon-und-hanna/
- https://blogs.rpi-virtuell.de/relidigital/2022/11/29/662/
- Grundsätzliche Anleitung: https://blogs.rpi-virtuell.de/minetest/2021/07/29/minetest-videos-drehen-so-gehts/
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Gedanken zu Simeon und dem kindlichen Staunen
Auf die Idee zum Video bin ich gekommen, weil ich kurz zuvor eine Andacht für unseren Adventsgemeindebrief geschrieben habe über dieses Bild von Rembrandt:
Staunen kann jedes Kind. Es ist etwas vom Schönsten, wenn man Kindern zusehen kann, wie sie die Welt entdecken. Sie bleiben einfach stehen, entdecken etwas und staunen darüber. Eine Pflanze, eine Schnecke. Es muss nichts Besonderes sein, das Kind sieht es nur zum ersten Mal. Legendär sind die staunenden Augen der Kinder, wenn sie die geschmückte Weihnachtsstube
sehen mit den Geschenken darunter.
Staunen kann nicht jeder Erwachsene. Scheinbar verlernt man das im Lauf der Zeit. Man hat ja schon so
vieles gesehen und erlebt. Alle Jahre wieder kommen Advent und Weihnachten, das ist nichts Besonderes
mehr. Viele blicken mit Wehmut zurück und denken daran, wie es früher war.
Was meint Staunen genau? Das deutsche Wort „staunen“ ist laut den Gebrüdern Grimm vermutlich verwandt mit dem Wort „erstarren“. Wenn ich staune, dann bin ich einen Moment lang so überwältigt, dass die Zeit stehen bleibt, dass mir der Mund offen stehen bleibt und die Augen sich nicht lösen können. Wenn ich über etwas staune, dann klingt es im ersten Moment so unglaublich, dass ich immer wieder darüber nachdenken muss, ob es wirklich so ist.
Und hat Staunen auch etwas mit dem Glauben zu tun? Auf jeden Fall. Wenn ich akzeptiere, dass es mehr gibt als das, was ich mit meinen Augen sehe und mehr als ich mit dem Verstand begreifen kann, dann werde ich offen für das Staunen. Gottes Macht und Größe passt nicht in die Reihe der erklärbaren Phänomene unserer Welt, an die man sich im Lauf eines Lebens gewöhnen
kann. Gott ist größer und höher als alles, was wir uns vorstellen können. Deshalb können wir als Christen immer wieder nur staunen über Gottes Wunder und Wege.
Ein großes Vorbild kann uns da Simeon sein. Er war alt, so alt, dass er schon kurz vor dem Sterben war. Er wohnte in Jerusalem und ging gern zum Tempel, aber der Weg fiel ihm zunehmend schwer. Der Rollator war noch nicht erfunden, bestimmt brauchte er einen oder sogar zwei Stöcke, um sich abzustützen. Und Gott legte ihm aufs Herz: Du wirst nicht sterben, bevor du nicht
den Messias gesehen hast. Er ließ sich leiten vom Heiligen Geist und spürte, dass der Zeitpunkt gekommen
war, wieder einmal in den Tempel zu gehen.
Und dort begegnet er Maria und Josef, die den eben erst geborenen Jesus zur Beschneidung in den Tempel brachten. Und dann darf er das erleben, was Gott ihm versprochen hatte: Mit eigenen Augen den Messias zu sehen, den Retter Israels und aller Menschen.
Und voller Begeisterung ruft er aus:
»Herr, jetzt kann dein Diener in Frieden sterben, wie du es versprochen hast. Denn mit eigenen Augen habe ich
gesehen: Von dir kommt die Rettung. Alle Welt soll sie sehen – ein Licht, das für die Völker leuchtet und deine
Herrlichkeit aufscheinen lässt über deinem Volk Israel.«
(Lk. 2,29-32)
Als der Maler Rembrandt van Rijn 1669 in Amsterdam starb, fand man bei dem verarmten Künstler zu Hause ein unvollendetes Bild: Simeon im Tempel mit Hannah im Hintergrund, das Jesuskind auf dem Arm. Mich beeindruckt dieser staunende Simeon, dem der Mund offen steht und dessen Augen altersschwach gerade noch so das Baby in seinen Armen erkennen können. Mich beeindruckt, wie ergriffen er dasteht, ganz behutsam das Kind in den Armen haltend, das ihm schüchtern zulächelt.
Simeon hat das Staunen nicht verlernt und wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass Rembrandt uns als Alterswerk diesen Simeon hinterlassen hat. Wahrscheinlich hat auch er darüber nachgedacht, was es bedeuten wird, Jesus mit eigenen Augen
sehen zu dürfen – nach seinem Tod, dem er wohl, wie dieses Bild zeigt, angstfrei ins Auge sehen konnte. Verlernen auch wir das Staunen nicht, im Kleinen wie im Großen! Verlernen wir erst recht nicht das Staunen über Jesus, der schon als Kind Menschenaugen zum Leuchten brachte. Lassen auch wir uns vom Heiligen Geist an Stellen führen, wo uns der Mund offen stehen
bleibt, weil wir dort Wunder erleben!