Heute Abend haben wir Passionsandacht in unserer Gemeinde, die ich diesmal zu einem Bild von Giotto gestaltet habe. Vielleicht kann es ja jemand gebrauchen, wenn nicht dieses dann nächstes Jahr …

Andacht

Es ist eine der ungewöhnlichsten Stationen auf dem Leidensweg Jesu. Sie wird nur im Johannesevangelium berichtet. Merkwürdig ist schon der Zeitpunkt: Nach dem Essen kommt die Fußwaschung. Eigentlich muss das vor dem Essen passieren, damit man sauber is(s)t. Damit nichts muffelt beim Essen. Und normalerweise macht das ein Knecht, jedenfalls nicht der Hausherr persönlich.

In Padua in Italien gibt es eine kleine Privatkapelle der Familie Scrovegni, die neu erbaut und von dem Maler Giotto mit Fresken ausgestattet wurde. Giotto hat sich einen legendären Ruf erarbeitet: Von ihm sagt man, dass er eines Tages auf ein Kunstwerk seines Meisters Cimabue eine kleine Fliege malte, die so täuschend echt aussah, dass Cimabue mehrmals versuchte, sie fortzuscheuchen, ehe er die Illusion erkannte. Cimabue soll daraufhin der Ansicht gewesen sein, dass Giotto ihn übertroffen habe.

[Bild 01 (Übersicht) Von Hugo DK – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=82029552 ]

Hier sieht man die ganze Kapelle, in der es neben Jesus auch um Maria und deren Eltern Joachim und Anna geht.

[Bild 02 (kleiner Überblick) Von Derbrauni – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=72840289 ]

Giotto kennt die biblische Reihenfolge und stellt das Abendmahl links vor der Fußwaschung dar. Beides im gleichen Raum. Und doch irgendwie anders, ohne den Tisch, nur mit Bank und Fußbecken.

Da sagt Jesus: Kommt her, ich will euch die Füße waschen. Jedem von euch. Ihr braucht das.

[Bild 03 Gesamtansicht Von © José Luiz Bernardes Ribeiro, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=52229172]

Er bindet sich eine Schürze um. Stellt die Schüssel bereit, gießt Wasser ein. Einer, der aussieht wie Johannes, hat den Krug noch in der Hand.

[Bild 04 Mann mit Krug]

Und schaut verwundert auf die Szene. „Jesus, was tust du da? Sollte nicht ich an deiner Stelle anderen die Füße waschen?

Einer nach dem andern kommt dran. Lässt es mit sich geschehen. Zieht sich die Schuhe wieder an an die sauberen Füße, um weiterzugehen.

[Bild 05 Ausschnitt Figur links]

Für Jesus war es ein Liebesdienst. „Wie er die Seinen geliebt hatte, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende.“ Ein letzter Liebesdienst vor dem einen großen, dem am Kreuz. Er, dessen Füße schon einen Tag später durchbohrt werden sollten, sorgt dafür, dass die Füße seiner Jünger sauber sind.

Und dann kommt Petrus an die Reihe. Mal nicht als erster. Er, der sich sonst immer vordrängelt, hat offenbar Probleme damit, dass sein bewunderter Herr und Meister dienend vor ihm kniet.

[Bild 06 Jesus und Petrus]

Intensiv schaut Jesus ihn an. Und Petrus schaut zurück. Die Blicke begegnen sich, aber nicht auf Augenhöhe. Petrus schaut herab, aber Jesus hat den majestätischeren Blick. Und Jesus weiß schon, dass Petrus nicht der große Held sein wird, wenn es um das Leiden geht. Und Petrus widerspricht, will sich nicht dienen lassen, will die Dinge selbst in die Hand nehmen. „Nimmermehr sollst du mir die Füße waschen!“ Aber Jesus sagt: Wenn ich dir nicht dienen darf, gehörst du nicht zu mir. Glauben heißt, dass etwas mit dir geschieht. Nicht dass du der Held bist.

Da sagt Petrus: Wasch mir auch die Hände und den Kopf.

Jemand mal so richtig den Kopf waschen. Mal so richtig reinreiben, was er falsch gemacht hat. Einmal nur so richtig. Ja, das wäre doch was. Einmal aus dem Herzen keine Mördergrube machen, sondern frei heraus sagen, was man denkt, auch wenn dann der Ofen aus ist und die Beziehung beendet.

Aber Jesus sagt: Nicht den Kopf will ich dir waschen. Wer einmal gewaschen ist, wer einmal in der Taufe gereinigt und Gott geweiht wurde, der muss nur noch den Alltagsdreck von den Füßen abgewaschen bekommen.

Einer aber, der ist nicht rein. An dem ist alles abgeperlt. Der hat Jesus missverstanden: Judas.

[Bild 07 Männer rechts]

Er hält sich im Hintergrund. Es wird nicht berichtet, ob er sich die Füße hat waschen lassen oder nicht. Jedenfalls hat es ihn nicht berührt, wenn er es mitgemacht hat, um nicht aufzufallen. Er hat Jesus verraten und ausgeliefert.

[Bild 08 Gesamtansicht]

Aber elf haben die Botschaft weitergetragen. Und auch für uns gilt es, das weiterzutragen was Jesus uns aufgetragen hat: Ihr sollt euch untereinander die Füße waschen. Nicht im wörtlichen, sondern im übertragenen Sinn.

Jesus nachfolgen und sein Kreuz tragen heißt nicht, wie Jesus am Kreuz sterben, aber es heißt wie Jesus, anderen die Füße waschen. Anderen die Liebe Gottes weitergeben, sie spüren lassen, dass sie etwas wert sind. Weil Jesus uns zuerst geliebt hat. Weil er aus Liebe den Weg des Leidens gegangen ist, der uns die Erlösung gebracht hat.

Das ist gleichzeitig leicht und schwer. Leicht, weil die Liebe nicht aus uns heraus kommen muss, weil sie nur durch uns hindurchfließen muss. Schwer, weil es wie bei Petrus Widerstand gibt, wenn wir uns herablassen und anderen helfen. Manchmal von den Menschen, denen wir helfen wollen. Manchmal von denen, die herumstehen und sagen: Der kann sich doch selbst helfen, soll sie sich doch selbst die Füße waschen, ich mach das doch auch.

Ablauf

Begrüßung
Lied: EG 91,1-4 Herr, stärke mich, dein Leiden zu bedenken
Gebet
Schriftlesung: Joh. 13,1-17
EG 547,1-3 Menschen gehen zu Gott in ihrer Not
Andacht zur Fußwaschung mit Giotto-Bild
Gebet
Vater unser
Lied: EG 571.1 Ubi Caritas (4x)
Segen
Nachspiel

Gebete

Eingangsgebet

Jesus, dir wollen wir nachfolgen und auch nicht ausweichen, wenn es schwer wird. Und doch fällt es uns schwer, dein Leiden zu bedenken, deinen Weg ans Kreuz. Zu viel Leiden ist um uns herum. In den Nachrichten, aber auch in unserem privaten Umfeld. Manchmal müssen wir wegschauen, damit es uns nicht zu viel wird.

Aber bei dir wollen wir hinschauen. Wollen lernen von dir, wie du deinem Auftrag treu geblieben bist. Wie du Zeuge der Liebe Gottes warst bis zum Schluss ohne deine eigene Haut zu retten.

Schenke auch uns diese Widerstandskraft im Leiden. Begegne uns jetzt in dieser Passionsandacht und in dieser Karwoche. Amen

Schlussgebet

Jesus, du warst dir nicht zu fein, anderen die Füße zu waschen. Du hast mit Gott gerungen darum, den Weg der Hingabe und des Leidens zu gehen, aber du bist stark geblieben.

Wir bitten dich: Schenk uns deine Liebe, dass auch wir anderen demütig und hilfreich begegnen. Lenke unseren Blick weg von uns hin auf die Menschen, in denen du uns als deinen geringsten Schwestern und Brüdern begegnen willst.

Stärke uns, dein Leiden zu bedenken und daraus Kraft zu ziehen für die Herausforderungen, vor die du uns stellst.

Danke, dass wir wie du auf Gott vertrauen dürfen, auf seine Kraft, Wunder zu tun, den Tod und das Leiden zu überwinden.

… Vater unser

 

Passionsandacht mit Bildmeditation zur Fußwaschung Jesu von Giotto
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