Gestern haben wir in Kemnat einen schönen Tauferinnerungsgottesdienst gefeiert, zu dem per Brief alle eingeladen wurden, die getauft, aber noch nicht im Konfi-Alter sind.

Schon länger wollte ich selbst mal die Stegreifspiel-Idee aufgreifen, die ich bei einer Konfi-3-Fortbildung mit Heike Loos kennen gelernt habe (vgl.  https://konfi3.de/stegreifspiele-fuer-konfi-3-gottesdienste/ und den ausführliche Artikel in anKnüpfen update 2.1 https://www.anknuepfen.de/update2-1.html; hier ein Stegreifspiel zum Abendmahl). Weil ich auch das schöne biblische Erzähllied “Philippus und der Kämmerer” von Traudhild Heinrich einsetzen wollte, habe ich mir selbst einen Text zussammengebaut, ausgehend von der Basisbibel-Übersetzung.

Die Idee von Stegreifspielen ist bestechend: Nicht die Kinder müssen üben und sich vorbereiten, sondern das Team. Es reicht, sich zu überlegen, wo und wie die Handlung ablaufen soll. Requisiten und Verkleidung müssen bereit stehen, dann werden im Gottesdienst nur noch Freiwillige gebraucht. Das macht die oft komplizierte Terminplanung überflüssig, kein Kind, das eine wichtige Rolle hat, kann fehlen. Schließlich werden die Rollen direkt vor der Aufführung verteilt. Die Kinder müssen nichts sagen, sondern nur agieren. Das können auch kleinere Kinder schon sehr gut, die großen können trotzdem ihr Schauspieltalent je nach Lust und Vermögen voll einbringen.

Stegreifspiel zum Kämmerer aus Äthiopien

Foto: Pawel Step

Personen: 5 Christen aus Antiochia, Engel, Philippus, Kämmerer, 2 Pferde (die den Wagen ziehen) (insgesamt 10 Personen)

Requisiten: Schriftrolle, Bollerwagen, blaues Tuch für Taufwasser, dunkle Kleidung und Sonnenbrille für den Kämmerer, helle Diakonenkleidung für Philippus.

Ausgangsaufstellung:

  • Christen aus Antiochia warten am Taufstein.
  • Engel steht ganz im Hintergrund.
  • Am Anfang des Mittelgangs wird das blaue Tuch als Wasserstelle ausgelegt.
  • Bollerwagen mit Kämmerer darauf und zwei Pferden steht ganz links am Rand.

Aktionen, die sich nicht direkt aus dem Text ergeben:

1. Philippus bekommt von einem Mitarbeiter sein Diakonengewand angezogen.

2. Christen aus Samaria werden am Taufstein getauft.

3. Bollerwagen fährt langsam von vorn nach hinten durch die Kirche.

Vorlesetext

In der Apostelgeschichte berichtet Lukas von den spannenden Zeiten der ersten Christen. In Jerusalem gab es viele Witwen, die versorgt werden sollten. Das schafften die Apostel, die Jünger Jesu nicht allein. Deshalb wählten sie sieben Diakone. Philippus war einer von ihnen [bekommt Gewand angezogen]. (Apg. 6,1-7)

Aber bald kamen harte Zeiten. Die Christen wurden verfolgt, die Gemeinde verstreut. Philippus ging nach Samaria. Dort predigte er das Evangelium. Viele Menschen fanden zum Glauben an Jesus und ließen sich taufen. [angedeutete Taufen am Taufstein]

Doch Philippus bekam schon wieder einen neuen Auftrag. Ein Engel kam zu ihm und sagte zu ihm: „Pack deine Sachen. Geh in Richtung Süden zu der Straße, die von Jerusalem nach Gaza führt. Die Straße, die immer menschenleer ist.“

Auf dieser Straße war ein vornehmer Äthiopier mit seinem Wagen unterwegs. Er hatte schon eine weite Reise hinter sich. Er war extra aus Äthiopien angereist, um den Tempel in Jerusalem zu besuchen. Er war dort Kämmerer, also Finanzminister. Familie hatte er keine. Er glaubte an den Gott Israels und war schwer beeindruckt.

Im Tempel hatte er sich eine Jesaja-Schriftrolle gekauft, die er unbedingt lesen wollte. Philippus lief gerade neben ihm, als er diesen Text halblaut vor sich hin las: »Er ertrug alles, ohne zu klagen –wie ein Schaf, das zum Schlachten geführt wird,

und wie ein Lamm, das beim Scheren keinen Laut von sich gibt. Er wurde zutiefst erniedrigt, doch das Urteil gegen ihn wurde aufgehoben. Wer wird je seine Nachkommen zählen können? Denn sein Leben wurde von der Erde weg zum Himmel emporgehoben.“

Philippus hörte das und fragte ihn: „Verstehst du das, was du gerade liest?“ „Nein“, sagte der Kämmerer. „Wie soll ich das verstehen, wenn mir niemand hilft. Setzt dich doch zu mir und erklär es mir!“ [Philippus setzt sich neben den Kämmerer]

„Kannst du mir sagen, ob der Prophet Jesaja hier von sich oder von einem anderen spricht?“ Das war die Gelegenheit für Philippus. Er erklärte dem Kämmerer, dass Jesus gemeint war. Dass am Kreuz gestorben und auferstanden war. Dass schon viele Menschen zum Glauben an ihn gefunden hätten. Dass er erst kürzlich in Samaria viele Menschen getauft und in die christliche Gemeinschaft aufgenommen hatte.

Plötzlich kamen sie an einer Wasserstelle vorbei. [zum blauen Tuch fahren]. Der Kämmerer fragte: Spricht etwas dagegen, dass ich mich genauso taufen lasse? Philippus sagte: Eigentlich nicht. Du musst nur glauben, dass Jesus der Sohn Gottes ist, unser Erlöser. „Das glaube ich!“, sagte der Kämmerer aus vollem Herzen.

Da sagte Philippus: Na dann spricht wirklich nichts dagegen. Komm, steig aus. Und er taufte ihn auf den Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

So plötzlich wie Philippus aufgetaucht war, war er auch wieder weg. Gott brauchte ihn in Aschdod. Aber der Kämmerer merkte, dass sich erst jetzt seine Reise wirklich gelohnt hatte. Er war durch Jesus ein Kind Gottes geworden. Er stieg wieder in seinen Wagen ein und fuhr weiter. Aber was er erlebt hatte, machte ihn so glücklich, dass er vor Freude immer wieder die Hände zum Himmel hob und Gott dankte. Diesen Tag seines Lebens würde er nie mehr vergessen. Er hatte ein echtes Wunder erlebt.

Lied

Im Gottesdienst wurde später das Lied “Philippus und der Kämmerer” gesungen (Liederbuch Kommt und singt 266). Beim Refrain kann man schön die Taufsteinseite und die Kanzelseite der Kirche als Echo singen lassen. Mehr Stimmung kommt rein, wenn man dazu auch noch aufstehen oder die Hände heben soll ähnlich wie beim Klassiker “Hallelu, Hallelu, Hallelu, Halleluja, preiset den Herrn”.

Predigt

Die Predigt kann man auch nachhören: https://www.kemnat-evangelisch.de/downloads/06-02-2019-predigten/

Liebe Mitchristen, da war es einer mehr … Und was für ein spannender Typ. Ein Äthiopier, ein stinkreicher Bessergestellter aus fernen Landen. Ein Sinnsucher, der nicht mit dem zufrieden war, was er im Leben erreicht hatte.

Er glaubt an den Gott Israels, den einen, wahren Gott. Er pilgert extra nach Jerusalem, weil er denkt, dass er im Tempel die Antwort auf seine spirituelle Suche findet.

Und dann stößt er beim Lesen des Propheten auf Jesus. Jemand hilft ihm und erklärt ihm, wie alles zusammenhängt. Und er will dazugehören zu den Jesusleuten, will getauft werden.

Was hat das mit uns zu tun, die wir heute Taufe und Tauferinnerung feiern?

1. Was der Kämmerer erlebt hat, wie er zum Glauben an Jesus Christus gefunden hat, bewahrt uns vor einem zu einfachen Verständnis der Taufe.

So wie der Kämmerer verstanden hat, dass Jesus das Lamm Gottes ist, das für unsere Schuld stirbt, so soll das auch jeder Christ verstehen. Deshalb gehört Taufe und Lehre, Taufe und christliche Erziehung zusammen.

Einer der ältesten Kunst-Gegenstände in Kemnat ist das Lamm, das um unteren Turm-Eingang zur Kirche zu sehen ist. Es stammt aus dem 12. Jahrhundert und erinnert genau an den Prophetentext, durch den der Kämmerer zum Glauben an Jesus kam.

Das ist auch heute nicht einfach zu verstehen. Wir müssen uns intensiv mit der Bibel beschäftigen, um in den Glauben hineinzuwachsen.

Das Zweite, was wir lernen können:

2. Jeder Mensch braucht Wegbegleiter im Glauben. Philippus war für den Kämmerer ein solcher Wegbegleiter. Manche Eltern vertreten ja die Meinung: Seinen Glauben muss jeder Mensch selbst finden. Das Kind soll sich später mal selbst entscheiden. Da nehmen wir am besten gar keinen Einfluss. Aber wie soll man über etwas entscheiden, wenn man es gar nicht kennen lernt? Es braucht andere Menschen, die zeigen und erklären, dass es mehr gibt in der Welt als das, was man sieht. Dass hinter dieser Welt ein guter Gott steht, dem wir vertrauen können, der uns geschaffen hat. Bei der Taufe eines Kindes wird das deutlich in den Fragen, die Eltern und Paten beantworten: Seid ihr bereit, das Eure dazu beizutragen, dass euer Kind als Glied der Gemeinde Jesu Christi erzogen wird? So antwortet: Ja, mit Gottes Hilfe!

Ihr getauften Kinder habt Anspruch darauf, dass euch die Eltern und Paten etwas vom Glauben und von der Bibel erzählen. Ihr habt ein Recht darauf, in die Kirche zu gehen, egal ob sie Kinderkirche oder Abenteuerland heißt.

Und ein letzter Punkt:

3. Getauftsein macht fröhlich

Als der Kämmerer getauft war und Philippus plötzlich verschwunden, da heißt es in der Bibel – Luther formuliert das so schön: „er zog aber seine Straße fröhlich“. Plötzlich wusste der Kämmerer, wo er hingehört. Plötzlich hatte sein Leben einen neuen, anderen, tieferen Sinn. Er ging – das können wir vermuten – wieder in seine Heimat und erzählte dort von seiner Begegnung und seinem neuen Glauben.

Getauftsein macht fröhlich! Es tut gut zu wissen, dass Gott sich um mich kümmert, dass ich sein Kind bin. Es tut gut zu wissen, dass Gott vergibt. All das, was ich oder andere im Leben falsch machen. Das wäscht Gott in der Taufe ab. Das vergibt er uns jeden Tag neu, wenn wir ihn darum bitten.

Und schließlich: Getauftsein macht fröhlich, weil man dann dazugehört zu einer weltweiten Gemeinschaft der Christen. Da ist es ganz egal, ob man in einer großen Gemeinde wie in Kemnat zu Hause ist oder irgendwo vereinzelt unterwegs wie der Kämmerer nach seiner Rückkehr in Äthiopien. Unser Glaube verbindet uns über alle Grenzen hinweg. Er schafft eine tiefe Gemeinschaft, die gut tut. Ich hoffe, dass das heute jeder spürt. Und wie der Kämmerer fröhlich wieder nach Hause zieht.

Amen.

Tauferinnerung mit Taufkerzen und Wasser-Kreuz

Taufkerzen zur Erinnerung anzünden und auf die erste Stufe stellen. Das Licht geht aus von der Osterkerze …

Für alle Getauften, auch die Erwachsenen: Ein Wasserkreuz in die Hand bekommen: Gott hat mir in die Hand versprochen, ich bin sein Kind!

Je zwei Personen stehen am Taufstein und zeichnen mit Wasser ein Kreuz in die Hand des Empfängers.

Gott sagt zu dir: Jesus ist bei Dir. Du bist mein Kind.“

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Ein Tauferinnerungsgottesdienst mit Stegreifspiel zum Kämmerer aus Äthiopien
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