Manchmal gehen wir als ganz Familie ins Kino – nicht immer sind diese Familienfilme das reinste Vergnügen für Väter. Aber dieser hat mich sehr angesprochen: “Hilfe, ich habe meine Lehrerin geschrumpft”, Verfilmung des schönen Kinderbuchs von Sabine Ludwig. Die Autorin ist gelernte Gymnasiallehrerin, später hat sie als Rundfunk-Redakteurin gearbeitet (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Sabine_Ludwig Private Homepage: http://www.sabine-ludwig-berlin.de ). Foto: https://pixabay.com/de/wissen-zukunft-pflaster-weg-lernen-740192/

Buch und Film sind inspiriert von einer Grundfrage: Wie sollte eine gute Schule, wie eine gute Lehrerin, wie eine ideale Pädagogik aussehen? Dies wird deutlich durch den Leitspruch, der über der Schule steht. Zunächst kann man dort nur lesen:

Sine te duci = Lass dich führen.

Motto für jede autoritäre Pädagogik: Ich weiß, wo es für dich langgeht und nehme dich an die Hand. Und bist du nicht willig, so brauch ich notfalls Gewalt. Dahinter steckt eine Anspielung auf die etymologische Herkunft der Pädagogik. Der “paidagogos” war in der Antike ein Sklave, der den freien Jungen zum Lehrer begleitete, manchmal sogar selbst der Lehrer war (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/P%C3%A4dagoge). Und die Sklavenhand war sicher nicht immer die sanfteste.

Durch magische Verwicklungen schrumpft in Buch und Film die autoritäre Lehrerin und Schulleiterin, Frau Dr. Schmitt-Gössenwein, auf Bleistifgröße. Vorher hatte sie die Schüler in ihrer Gewalt und große Freude daran, ihnen mit schlechten Noten zu zeigen, wo der Hammer hängt. Doch nun haben sich die Machtverhältnisse umgekehrt. Lehrer kennen das Gefühl, Spielball und -zeug ihrer Schüler*innen zu sein. Aber im Film ist das auf die Spitze getrieben und wunderbar komisch anzusehen. Trotzdem: Felix braucht seine Lehrerin, braucht diese Schule als letzte Chance, denn sie ist von der Schließung wegen Schülermangel bedroht.

Gemeinsam kommen sie im Lauf des Films dem Geheimnis des Schulgründers und dem Geheimnis gelingen der Pädagogik auf die Spur: entdeckendes Lernen, Neugier, Schüleraktivität. Letztlich ist der Film ein Kommentar zur Reformpädagogik.

Dort hatte ich auch den Ursprung des Zitats vermutet, das am Ende des Films steht, das Schulmotto, von dem die beiden letzten Worte verloren gegangen waren:

Sine te duci a puero – Lass dich führen vom Kind.

Noch immer werde ich den Eindruck nicht ganz los, dass das Latein dieses Satzes nicht ganz korrekt ist. Aber die Zeiten, in denen ich Latein gelernt habe, sind lange her. Ich vermute, dass sich die Autorin für dieses Motto bei einem Zitat unbekannter Herkunft bedient hat. Für sachdienliche Hinweise zur Herkunft wäre ich dankbar.

Der Spruch ist im Internet als Wandergut weit verbreitet, wird manchmal Werner Bethmann zugeschrieben, was ich aber nicht verifzieren konnt, und lautet so:

Nimm ein Kind an die Hand und lass Dich von ihm führen. Betrachte die Steine, die es aufhebt und höre zu, was es Dir erzählt. Zur Belohnung zeigt es Dir eine Welt, die Du längst vergessen hast.

In der Tat ein schönes Motto für eine Pädagogik von unten, vom Kind aus gedacht. Und wunderbar hintersinnig ist die geschrumpfte Lehrerin. Ich glaube man kann mit diesem Film gut ins Gespräch kommen über die Frage, wie eine kindgemäße Pädagogik aussehen muss. Eine bloße Umkehrung der führenden und der geführten Person scheint mir übrigens nicht die Lösung zu sein. Aber mehr gemeinsam unterwegs sein als das im deutschen Bildungsalltag üblich ist, wäre schon mal ein Anfang.

Männer haben’s schwer

im Film. Klar ist der Junge der Bildungsverlierer, so weit so üblich und der Realität entsprechend. Und der Vater ist mit Haushalt und Erziehung ziemlich überfordert. Für diese Art von Film muss das wohl so sein, karikierend überzeichnet und lustig. Trotzdem ging es mir als moderenem Mann so, dass ich da nicht gern zuschauen wollte. Ein Gefühl, das Frauen wahrscheinlich besser kennen, wenn sie mal wieder auf ein Klischee festgelegt werden, das ihnen nicht passt. Immerhin habe ich gerade die Küche in Ordnung gebracht. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb ist der Film auch ein Männer- und Vater-Kind-Film, der zum Nachdenken darüber anregt, welche Rolle man als moderner Mann im Leben seines Kindes spielen will – nicht nur wenn die Karriere-Frau gerade mal im Ausland weilt.

Fazit

Der Film ist ein Vergnügen auf vielen Ebenen und lohnt sich für Pädagog*innen alten und neuen Schlags m. E. sogar ohne Kind(er) im Schlepptau.

Kino-Trailer

 

 

Making of zum Film

 

Links

Pädagogik von unten – Lass Dich führen vom Kind
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