Eine Passionsandacht – auch geeignet für höhere Klassen in der Schule. 

Den Maler Matthias Grünewald kennt man v.a. durch den Isenheimer Altar in Colmar. Dort hat er die Kreuzigung und Auferstehung besonders eindrücklich dargestellt. Weniger bekannt ist das Bild “Die Verspottung Christi”, ein Ölbild auf Holz, das in München in der Alten Pinakothek gezeigt wird. Von Grünewald ist – anders als von manchem Renaissance-Maler – wenig bekannt.  Manche bezeichnen ihn als den „letzten Gotiker“, er hat wie es in der Gotik noch üblich war wenig Aufheben um seine Person gemacht. Bei den Reformatoren war er sehr geschätzt; Melanchthon erwähnt ihn auf einer Stufe mit Albrecht Dürer und Lucas Cranach. Paul Hindemith hat ihm mit „Mathis der Maler“ sogar eine eigene Oper gewidmet. Das Bild „Die Verspottung Christi“ ist etwa 1503/1505 entstanden (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Verspottung_Christi).

Auf das Bild bin ich über diese schöne Seite gestoßen, die Kunstbilder für den Religionsunterricht auflistet: http://sander-gaiser.de/ru/

Matthias Grünewald, Die Verspottung Christi
Matthias Grünewald, Die Verspottung Christi

Schriftlesung (Basisbibel)

nach Markus

Mk. 15,16 Die Soldaten brachten Jesus in den Innenhof des Palastes, das sogenannte Prätorium. Dort versammelte sich die ganze Kohorte um ihn. 17 Dann hängten sie Jesus einen purpurfarbenen Mantel um. Sie flochten ihm eine Krone aus Dornenzweigen und setzen sie ihm auf. 18 Sie jubelten ihm zu wie einem König: »Hoch lebe der König der Juden!«

19 Dabei schlugen sie ihm mit einem Stock auf den Kopf und spuckten ihn an. Sie knieten nieder und warfen sich vor ihm auf den Boden. 20 Nachdem sie ihn so verspottet hatten, nahmen sie ihm den Mantel ab und zogen ihm seine eigenen Kleider wieder an. Und sie führten Jesus aus der Stadt, um ihn zu kreuzigen.

nach Lukas

Etwas anders steht es bei Lukas:

Lk. 22,63 Die Männer, die Jesus bewachten, verspotteten ihn und verprügelten ihn dabei. 64 Sie warfen ihm ein Tuch über und forderten ihn auf: »Du bist doch ein Prophet! Sag uns: Wer hat dich geschlagen?« 65 Und noch viele andere Beschimpfungen musste er über sich ergehen lassen.

Bildbetrachtung mit Musik

Zuerst lässt man etwas Zeit um das ganze Bild zu betrachten, am besten wird Musik eingespielt. Die Prezi-Präsentation findet man hier: https://prezi.com/xufyucdtxhuj/ Wer einen Account hat, kann sie auch kopieren und dann herunterladen. Mit Schülern kann man auch eine klassische Bildbetrachtung durchführen (vgl. http://www.methoden-tool-pool.de/methode/bildbetrachtung/).

Einzelbetrachtung/Meditation

Es wird jeweils in der Präsentation weitergegangen. 

  1. Zuerst sehen wir einen groben Folterknecht. Er schränkt andere ein, nimmt anderen die Freiheit. Wer andere fesselt, hat Macht. Es ist ein gutes Gefühl, anderen ihre Bewegungen vorschreiben zu können, sie einschränken zu dürfen. Über andere zu herrschen. Eigentlich haben Menschen ja einen angeborenen Instinkt, wehrlose Menschen nicht zu verletzen. Aber wie man sieht, funktioniert der nicht immer. Übrigens sind Täter meist früher Opfer gewesen. Wer zuschlägt, wurde oft selbst geschlagen.
  2. Da ist auch ein vornehmerer Folterknecht – er zerrt mit einer Hand an den Haaren Jesu. Er braucht kein Folterwerkzeug, ihm reicht die Faust. Von seiner Kleidung her sieht er vornehmer aus als der andere Folterknecht. Das brutale Zuschlagen scheint so gar nicht zu ihm zu passen. Auch heute gibt es Verrohung und Gewalt bei Leuten, von denen man das nicht denkt.
  3. Der Chef mit Stab in der Hand – er ist da ganz anders. Er macht sich nicht selbst die Hände schmutzig. Er hat einen schmierigen, lüsternen Blick. Ihm gefällt, was er sieht, aber er hat noch eine Idee: „Kommt, wir machen ein Ratespiel mit Jesus. Wenn er wirklich, wie er behauptet, der Sohn Gottes ist, muss er doch herausbekommen, wer ihn schlägt. Also immer schön der Reihe nach. Vielleicht bekommen wir sogar noch mehr aus ihm heraus als bisher im Verhör.“
  4. Neben dem Chef steht etwas im Schatten ein Hintermann, ein Einflüsterer. Ein Gegner Jesu, der im Hintergrund bleiben will. Er will sich nicht nachsagen lassen, er habe Jesus quälen lassen. Dabei wäre es ohne ihn nie so weit gekommen. Hinter allen Folterern dieser Welt stecken diese Typen mit weißem Kragen und Unschuldsmiene. Sie ziehen die Drähte, über die Unschuldige stolpern. Und hinterher ziehen sie sich klammheimlich aus der Affäre.
    So viel zu den Leuten im Vordergrund. Im Hintergrund stehen weitere, sehr unterschiedlich gestaltete Figuren. Im Hintergrund stehen auch wir.
  5. Da gibt es den Gaffer. Wo etwas los ist, wird er zum Teil der Masse. Moralische Skrupel kennt er nicht. Zuschauen wird doch wohl erlaubt sein. Eingreifen wäre viel zu gefährlich. Gewalt verhindern – nicht mein Ding. Ich könnte ja selbst etwas abbekommen.
  6. Besonders krass finde ich den Spielmann: Als würde vor ihm nichts passieren, spielt er einfach weiter seine fröhlichen Melodien und schlägt seine Trommel dazu. Wie auf der Titanic. Wir amüsieren uns zu Tode, auch wenn nebenher die Welt untergeht.
  7. Und dann ist da seltsam an den Rand gedrängt ein trauriger Typ, der Mitleid zu empfinden scheint. Ist es womöglich ein Anhänger Jesu? Sollen wir Jünger uns in ihm entdecken? Traurig und ratlos angesichts von Spott und Leiden, das Jesus, den Unschuldigen, trifft?
  8. Schließlich ist da Jesus – offensichtlich das wehrlose Opfer. Aber gleichzeitig auch der ruhende Pol und der heimliche Mittelpunkt in diesem Bild. Trotz seiner verbundenen Augen sieht er freundlich aus. Keine Abwehr ist zu erkennen. Ist es der Moment, bevor ihn der erste Schlag trifft? Oder steht er die ganze Szene so durch? Was ist der Sinn seines Leidens? Warum wehrt er sich nicht? „Hoch lebe der König der Juden“, so wird er verspottet. Dabei ist er es. Merkwürdig paradox. Ein leidender König, der mit seiner Wehrlosigkeit die Brutalität der Menschen magisch anzuziehen scheint. Ein König, der später ans Kreuz gehängt wird mit dem Schuldspruch darüber: INRI. Jesus von Nazareth, König der Juden.
  9. (Gesamtansicht) Wir sehen Jesus, den Messias. Der leiden musste, weil das zu Gottes Plan gehört. Er ist gekommen, um uns vom Bösen zu erlösen. Vom Bösen in den Folterknechten, vom abgründigen Bösen in jedem von uns. Ein für allemal.

Vater unser und Segen

Gottes Kraft stärke deinen Rücken,
so dass du aufrecht stehen kannst, wo man dich beugen will.
Gottes Zärtlichkeit bewahre deine Schultern,
so dass Lasten, die du trägst, dich nicht niederdrücken.
Gottes Weisheit bewege deinen Hals,
so dass du deinen Kopf frei heben kannst,
wo deine Zuneigung vonnöten ist.
Gottes Segen sei mit dir.

Weitere Anregungen

Hier habe ich zur “Gefangennahme Christi” von Caravaggio etwas Ähnliches vorbereitet: Konfi-Impuls zum Sonntag Lätare: Jesus wird verraten

Wer hat weitere gute Ideen für Passionsandachten? Freue mich über Links und Zusendungen, denn die Passionszeit 2020 kommt schneller als man denkt …

Die Verspottung Christi – eine Bildbetrachtung als Passionsandacht
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Ein Kommentar zu „Die Verspottung Christi – eine Bildbetrachtung als Passionsandacht

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